Freitag, 29. Juni 2012

Strawbery Fields Forever oder Understatement - Nein Danke!

Wemn ich zur Zeit durch den Stadtraum laufe oder mit der Bahn unterwegs bin, fallen mir allen Ortens diese dezent farbigen Plakate auf. Dort steht nur ein Satz zu lesen: "Documenta 13 - Eine Kunstaustellung in Kassel."
Wenn ich das lese, fängt jedesmal meine Magensäue an aufzukochenund und der Blutdruck geht hoch. So eine gestelzte Kacke: Demnächst sehen wir dann im Kunstforum Anzeigen wie "MoMA - ein kleiner Offspace in New York"? Bescheidenheit soll ja ne Zier sein, aber so gewollt aufgesetzte falsche Bescheidenheit bestimmt nicht. Vor allem nicht, wenn man alle Kunst Links und Rechts der eigenen Kunstausstellung, sei aus Panik ob der eigenen vermeitlichen Bedeutungslosigkeit oder schlicht aus Territorialverhalten, wegbeißt.
Da ist mir fast schon das penetrante "A Must See" auf dem Flyer zur Koons Ausstellung in der Schirn lieber.
Klar, das Manufactum Publikum wird dieses pseudo lakonisch-schlichte mögen, damit es sich ob der eigenen Stilsicherheit, Geschmackes und Bildungsnivaeu beglückwunschen kann.  Mir bleibt indes nur ein kleines Stoßgebet: Ach Harry, möger dein heiliger Geist wieder unter uns wandeln.

Donnerstag, 28. Juni 2012

we are so international oder viel blabla um nix

am rande und vorab dieses kurzen eintrages sei vermerkt, wie unbeschreiblich unterhaltend doch immer dieses, von ewiger wiederkehr bestimmtes, ritual ist: bei münsteraner eröffnungen versichert man sich stets, wie international und contemporary man doch sei. immerhin habe dieser künstler ja schon an einer kunstausstellung in kassel teilgenommen(dazu später noch ne anmerkung in sachen zu gewolltes understatement). abgesehn davon, dass das nun auch schon ein paar jährchen her ist, erscheint dieses beharren der provinz auf dem globalen oder internationalen  zu allererst als dessen gegenteil: nämlich zutiefst proviniell. aber immerhin zumindest ist der titel der ausstellung ja very international in english:
"The peacock with his long train appears more like a dandy than a warrior, but he sometimes engages in fierce contests"

und wenn man dann nach dem vielen blabla, sofern man nicht draussen war um sich ne kippe anzuzünden, dazu kommt sich die kunst anzuschauen, bleibt der gedanke nicht aus: oh gott, bitte nicht schon wieder wahrnehmung.
es ist ungeheuer spannend zu erfahren, dass die schrille farbe des pfauengefieders nicht in dieses eingeschrieben ist, sondern nur aufgrund einer lichbrechung entsteht. toll. sicher, die scharz weißen vorhänge in "70 er jahre psychodelisch pfauenoptik" sind unwahrscheinlich deko, wenn man auf sowas steht. ebenso wie die bunten irisdruckbüchlein, die man sogar anfassen darf, allerdings nur mit weißen handschuhen(ironie?). diese sind allerdings fade gegen nen netten alten u-comic aus der zeit, der auch wesentlich mehr erkenntnispotential in sachen wahrnehmung und realität bieten. zumal man die auch ohne handschuhe mit zum lesen aufs klo nehmen darf.

sehr schick, diese 60/70er gegenkultur  verweise, aber ein wenig inhaltsleer und widerstandsleer, dazu passen dann auch 70 minuten film ohne bild - nur mit ton und untertiteln. 70 minuten soll der film in unserem kopfkino ablaufen. ok, machen wir, - wir sind ja sehr leidensfähig in sachen erkenntnisgewinn und ästhetisches vergnügen - aber stellt uns doch bitte ne schale mit supermännern, mickey mäusen oder zumindest genug gras auf, sonst wird das nämlich etwas fad und unser schnarchen nervt die anderen besucher. der künstler hat sich sicher was tolles dabei überlegt, gebongt. aber ganz ehrlich: da schau ich mir lieber die avengers an, da lern ich mehr bei, auch wenn das eventuell nicht so sophisticated ist.

bunte psychedelische gegenkultur verkommt zur intellektuellen tine wittler deko. very international. and so fucking  contemporary..... ich geh derweil lieber auf der toilette die fabelhaften freakbrothers lesen.

achja, als soundtrack auffem iphone beim besuch der ausstellung empfehle ich: woog riots - art museum.

und noch ne kleine leseempfehlung zum thema wahrnehmung: ernst von glasersfeld - "konstruktion der wirklichkeit und des begriffes der realität" zu finden in" kursbuch medienkultur" 1999 dva stuttgart

Olaf Nicolai: The peacock with his long train appears more like a dandy than a warrior, but he sometimes engages in fierce contests
Kunsthalle Münster
mehr: http://www.muenster.de/stadt/kunsthalle/

Mittwoch, 27. Juni 2012

alles so schön bunt hier...

oder ich glotz jeff koons in der schirn. allein schon diese tollen flyer mit dem spruch. "a must see", da weißte doch sofort bescheid, wo der bunny langhoppelt. gigantomanische celebrity show für den interessierten bildungsbürger der alles als kunst einfach schluckt, wenn es ihm nur pompös genug und mit entsprechend aufgeblasener pr vorgesetzt wird. sicher, koons hat schon ein, zwei ganz nette arbeiten gemacht, aber wenn man sich seine bilder anschaut kommen sie einem vor, als hätte ein "rich artist on lsd" in den achtzigern mit photoshop rumgespielt und sich davon hinreißen lassen, was das programm so alles kann. formal ist das schlicht und ergreifend total überfrachteter müll, jackson pollock in psychidelisch. bleibt die inhaltliche ebene, ikonen der trivial und popkultur mit viel blink blink präsentiert. toll. das ist sowas von achtziger, von daher gehört es schon ins museum, das ja immer auch die aufgabe hat zu bewahren. aber der zeit entsprechend ist dies nicht, das war vor der krise, vor no logo und mit ner menge koks. heute sieht relevante kunst anders aus.

 man kann jetzt dieses ganze gewäsch von kitsch, oberfläche und pop wieder aufwärmen, und behaupten, die sei die perfekte abbildung unserer welt und zeit. aber das ist imo hochgradig zynisch und ausserdem hat der mit der perücke das schon erledigt(besser). ich würde sagen, koons ist nur aus historischer sicht ( und natürlich marktsicht) relevant, die welt hat andere probleme als sich dem narzismus von künstlern zu widmen.

und man verschone mich bitte, mit der vielschichtigen struktur der bilder, da kann ich mir auch in photoshop nen paar ebenen übereinander legen und mit nem netten filter mixen. pornos gibbet übrigens auch bessere als die von koons.