Sonntag, 20. Januar 2013

Foucault unchained

"We all intellectually 'know' the brutality and inhumanity of slavery," Tarantino said after a screening of "Django Unchained"  on Dec. 7, 2012, "but after you do the research it's no longer intellectual any more, no longer just historical record – you feel it in your bones. It makes you angry, and want to do something. I'm here to tell you, that however bad things get in the movie, a lot worse shit actually happened."

Mit dieser Aussage Tarantinos als Hintergrundrauschen für meine These, dass "Django Unchained" neben dem Angriff auf die Greueltaten und den Genozid der Sklaverei vor allem auch als Kritik am globalisierten aktuellen Kapitalismus zu lesen ist, werde ich mal kurz versuchen, dies Anhand von Hausnigger Stephen`s (Nie habe ich Samuel Jackson verachtetungswürdiger erlebt- grandiose Leistung) Dialog über Django`s Zukunft in der "LeQuint Dickey Mining Company" auszuführen. Stephen beschreibt Django seine Perspektive in etwa so - sorry für die etwas holprige Übersetzung:


"Den ganzen Tag, jeden Tag wirst Du den Vorschlaghammer schwingen um aus großen Steinen kleine Steine zu machen. Nun, wenn du dort ankommst werden Sie dir Deinen Namen nehmen und Dir eine Nummer und einen Vorschlaghammer  geben und sagen: "Geh an die Arbeit!" Wenn Du ein Wort sagst, schneiden Sie Dir die Zunge raus. Auch darin sind sie gut. Du wirst nicht verbluten...den ganzen Tag, jeden Tag. Bis dein Rückenrat bricht. Dann schlagen sie dir mit dem Hammer den Kopf ein und werfen Dich ins Niggerloch. Und das wird deine Geschichte sein, Django."

Ok, lassen wir das einen Moment wirken und die dabei die Bilder von Sweetshops, Foxconn kurz durch unseren Kopf flashen. Wir merken, nichts hat sich dem gegenüber Heute geändert: Noch immer werden wir gezwungen den Hammer zu schwingen, bis unser Rücken bricht. Nur schneiden sie uns nicht mehr die zunge raus, sondern schließen uns aus ihrer schönen bunten Konsumwelt (Candyland) aus. Und jetzt, kramen wir mal unseren guten alten Kumpel Foucault aus unseren Taschen und rekapitulieren kurz, wie er Wahnsinn in "Wahnsinn und Gesellschaft"definiert. Auf Sloganformat reduziert, sagt er, Wahnsinn sei das Fehlen, das Verweigern von Arbeit. Der Wahnsinnige bringe nichts Nützliches hervor, er schaffe kein vernünfitges Produkt. Dass dies unserem System Angst macht und es uns diziplieren muß, brauchen wir nicht zu erklären.

Wahnsinnige tun eben nichts mit dem sich Geld verdienen läßt, damit sind wir dann bei einer weiteren Ikone der Popkultur: Matrix - und Menschen als Rohstoff. Mit diesen Überlegungen im Hinterkopf erinnern wir uns kurz an die langweiligen Stunden im Deutschunterricht, als uns sadistische Lehrer mit der Literatur der Romantik quälten, besonders dem Taugenichts von Eichendorf. Dieser ist der ein nahezu expliziter Gegenentwurf zum zweckoptimierten und rationalen Weltbild, besonders des Kapitalismus, aber auch des des Sozialismus wie wir ihn bisher kennen gelernt haben. Der Taugenichts gammelt ohne Plan in den Tag hinein, ja er sieht nicht aus, wie ein Mann, der einen Plan hat. Er macht sich über die modernen Ketten der Sklaverei, die Lohnarbeit keine Gedanken, sondern träumt von anderen, wichtigeren Dingen wie der Liebe oder der Musik.Uns erscheint das erstrebenswerter als Humankapital zu sein. Was also tun, die Sklaverei der Lohnarbeit oder das freies, selbstbestimmtes Leben wählen?

Da fällt die Wahl nicht schwer. Django behält bei allen den Demütigen und der Folter die er ertragen muss, seine Würde, denn er bleibt ein freier Mann, der seinen Arsch nicht verkauft. Auch wenn er die Perversitäten des Kapitalismus ausnutzt und Leichen für Geld verhökert. Eine besonderes perfide Spielart der Geldherrschaft, die schon in "Il grande silenzio" von Django-Erfinder Corbucci ausreichend ekelhaft dargereicht wurde. Django Freeman ist einer der unabhängigen Menschen, die wir als radikal autonomes Subjekt bezeichnen. Wir können von ihm lernen, unsere Würde zu behalten und nicht um Arbeit zu flehen, die wir nicht tun wollen, sondern stattdessen auf der Forderung zu beharren, unsere Arbeit selbst zu bestimmen. Das mag Arrogant klingen, ist es aber nicht. Es ist ein Aufruf, denen den Stinkefinger zu zeigen die unseren Rücken brechen wollen mit Harz IV und Ein Eurojobs. Ein Gespenst geht um in Europa. Das Gespenst Django.

Wer mehr zur Rolle der Sklaverei und ihrer Darstellung in "Django unchained" wissen will, kann hier lesen. Aber nicht vergessen: Es handelt sich um Kunst, nicht um eine Dokumentation.

Bist schon wacch, liebes Lektorat?



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